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Viele
freuen sich, wenn sie auf Reisen durch Europa an den Grenzen keine Wartezeiten
mehr haben. Und täglich spüren wir, dass Europa zusammenwächst. Darüber dürfen
wir uns freuen. Europa ist vielfältig und bunt. Das entdecken manche im Urlaub,
andere bei Kulturveranstaltungen und Begegnungen mit Menschen aus den Nachbarländern.
Aber Europa macht vielen auch Angst. Angst, dass der Arbeitsplatz ins Ausland
verlagert wird. Angst, dass die Löhne immer weiter gekürzt werden. Angst, nicht
mehr von der Arbeit leben zu können. Angst, gegen den Billiganbieter ausgespielt
zu werden. Angst, dass andere Kulturen uns überrollen und wir unsere eigene
Identität verlieren.
Wie sollen wir uns da freuen?
Oder anders gefragt: was ist zu tun, dass wir uns freuen können?
Was muss geschehen, dass die Angst nicht Raum gewinnt und Menschen lähmt und
krank macht?
Der Evangelist Markus hat als erster ein Evangelium geschrieben. "Evangelium"
ein griechisches Wort, das ursprünglich eine politische Bedeutung hat: Es ist
eine Frohe Botschaft, eine Siegesbotschaft - z.B. dass Menschen durch das kaiserliche
Heer aus wirtschaftlicher Not oder aus der Hand fremder oder gar terroristischer
Mächte befreit worden sind. Wer das Wort "Evangelium" hörte, der dachte unweigerlich
an Rettung und Befreiung, Frieden und den Anfang einer neuen Zeit.
Markus übernimmt diesen Begriff "Evangelium" für sein Buch, in dem er von der
Rettung und Befreiung der Menschen durch Jesus Christus erzählt - und sein Evangelium
endet mit dem Auftrag: "Geht in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium
allen Geschöpfen." Der auferweckte Christus ist der Retter und Befreier. Seine
Botschaft ruft die Menschen in den Schalom Gottes. Dieser Friede Gottes gibt
den Menschen Raum zum Atmen und Leben. Er richtet Menschen auf und ermutigt
sie, befreiend und heilend miteinander umzugehen.
Wer sich auf diesen Weg einlässt, der glaubt. Er vertraut den Verheißungen Gottes
und durch die Glaubenden werden Zeichen des Heils und der Rettung geschehen.
In diesem Auftrag stehen wir als Christinnen und Christen 2008. Als Frauen und
Männer der KAB - der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung. Ja, wir sind hier und
heute auf dem Weg, das Evangelium den Menschen zu verkünden, damit sie leben
und Leben in Fülle haben. Die Freude soll ihr Leben prägen. "Freude schöner
Götterfunken...." "Freu dich...."
Dafür sind wir Anwalt. Und wir sind in besonderer Weise der Anwalt der Menschen,
denen die Lebensfreude heute verwehrt wird: Jedes 5. Kind in Europa lebt in
Armut. Ebenso 14% der Erwachsenen. In Deutschland arbeiten über 1,3 Millionen
Menschen Vollzeit und können von ihrem Lohn, den sie erhalten nicht leben. Altersarmut
droht den Menschen, die mit ihren Einkommen heute gerade über die Runden kommen,
aber für Rücklagen bleibt nichts mehr übrig. Die Preise für die Grundnahrungsmittel
steigen in vielen Ländern der Erde u.a. weil mit ihnen an den Börsen spekuliert
wird, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen....koste es, was es wolle.
"Es ist nicht hinnehmbar, dass Banken in Deutschland Anleger auffordern, nun
in der Lebensmittelbranche zu investieren, weil dort die Preise steigen. Mit
den Gewinnen werden weltweit Menschen in Armut und Hunger gestürzt", so kritisierte
Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im EU-Parlament.
Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer - bei uns, in Europa und weltweit.
Wer in dieser Situation das Evangelium verkündet, steht auf und informiert sich,
verbündet sich mit allen Menschen guten Willens und tritt ein für die Würde
eines jeden Menschen. Er steht auf, weil wir unsere Seele nicht an den Markt
verkaufen wollen. Er steht auf, weil er überzeugt ist, dass wir unser Zusammenleben
gestalten können und nicht den Mächten unterworfen sind, denen es nur um Gewinne
geht.
"In welcher Gesellschaft wollen wir leben?" Diese Fragen haben sich die Frauen
und Männer der KAB immer wieder in den letzten hundert Jahren gestellt. Und
sie haben die sozialen Herausforderungen wahrgenommen und angenommen und Antworten
aus dem Geist des Evangeliums und der kirchlichen Sozialverkündigung gesucht.
Und da ist eindeutig und klar: Es gibt ein Recht auf menschenwürdige und gute
Arbeit. Es gibt ein Recht auf einen Lohn, von dem Mann, Frau und Kinder leben
können. Es gilt die Sozialpflicht des Eigentums.
Der Weg zum Leben ist der Weg der Solidarität.
Gott sei Dank erleben wir auch eine Welt, in der sich Menschen umeinander kümmern,
nicht nur in der Nachbarschaft, sondern über Grenzen hinweg.
Eine Welt auf dem Weg zur Solidarität!
Immer mehr Menschen stellen sich der Ökonomisierung aller Lebensbereiche entgegen.
Sie sind nicht mehr bereit hinzunehmen, dass die Politik ins Schlepptau der
Ökonomie geraten ist.
Wir können die Welt aus der Perspektive des Geldes und der Wertschöpfung betrachten
oder aber aus der Perspektive der jeweils betroffenen Menschen und der Würde
eines jeden Menschen.
Der Blickwinkel Jesu ist klar: Verkündet das Evangelium - geht zu den Menschen.
Begegnet ihnen auf Augenhöhe. Jesus hat die Kinder in die Mitte gestellt. Den
Verzweifelten und Ausgegrenzten war er ein Bruder. Den Traurigen ein Weggefährte.
Solidarisch ist er den Weg mitgegangen und hat dadurch Wege zum Leben eröffnet.
Jesus hat sich entschieden. Entscheiden wir uns für den Weg der Solidarität.
Wählen wir die soziale Gerechtigkeit!
Damit Menschen aufatmen und sich ihres Lebens freuen können. |
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Text
zum Einstieg - oder zur Meditation am Ende des Gottesdienstes:
Die "Ode an die Freude" von Friedrich Schiller, vertont in der
Neunten Symphonie Ludwigs van Beethovens, ist die Hymne Europas. 1972 wurde
sie vom Europarat und 1985 von den Staats- und Regierungschefs als eigene Hymne
angenommen.
"Freude schöner Götterfunken....". Wir dürfen uns freuen, dass Mauern fallen,
Grenzen überwunden und Vorurteile abgebaut werden. In den europäischen Ländern
erleben Urlauber oft schöne Stunden, genießen Land und Leute.
"Freude schöner Götterfunken...." Europa wächst zusammen. Und dennoch bleiben
Menschen auf der Strecke. Es gibt Spaltung und Angst.
Angst, dass der Arbeitsplatz ins Ausland verlagert wird.
Angst, dass die Löhne immer weiter gekürzt werden.
Angst, nicht mehr von der Arbeit leben zu können.
Angst, gegen den Billiganbieter ausgespielt zu werden.
Angst....
Wo Angst herrscht, hat die Freude verloren. Wo Menschen sich freuen, hat die
Angst keinen Raum. Dass Freude in der Herzen der Menschen wohnen kann, darum
streiten wir für ein sozial Gerechtigkeit in Europa.
Darum ist uns wichtig: (kann von verschiedenen Sprechern vorgetragen werden)
"Alle einsteigen, bitte!"
Bildung ist Teilhabe. Alle jungen Europäer brauchen eine kostenlose Erstausbildung.
"Kampf gegen krumme Nummern!"
Fairer Wettbewerb durch Steuergerechtigkeit. Steuerdumping zerstört Arbeitsplätze
in Europa.
"Hohes Drehmoment, volle Kraft!"
Für gute Arbeit gutes Geld. Gesetzlicher Mindestlohn verhindert Lohndumping.
"Du mit uns, wir mit Dir!"
Mitbestimmung schafft Arbeit. Arbeitnehmer sind gleichberechtigte Partner im
Unternehmen.
"Frau dich auf Dein gutes Recht!"
Gleiche Arbeit - gleiches Geld. Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Frauen
in Europa.
"Neue Perspektive gegen Armut!"
Grundeinkommen für alle. Armut in Europa kann beseitigt werden.
Kyrie:
Was sehen wir in unserer Welt:
Unsere Gesellschaft ist immer individualistischer geprägt und das schwächt die
Solidarität. Jeder bemüht sich um seine eigene Sozialversicherung: der eigene
Beitrag soll auch in die eigene Tasche zurückfließen. Das Versicherungsprinzip
siegt über das Solidaritätsprinzip.
Herr, erbarme dich........
Die Globalisierung wird zum gültigen Alibi: der Wettbewerbszwang der Unternehmen
siegt über die soziale Rolle der Unternehmen; Gewinnspannen sind wichtiger als
soziale Entwicklung.
Christus, erbarme dich....... Das neoliberale Denken gibt dem Einzelnen Vorrang
vor der Gesellschaft: Geld und Gewinn haben Vorrang vor jeglichen Verpflichtungen
gegenüber der menschlichen Gemeinschaft.
Herr, erbarme dich........
Lesung: Apg 1,1-11
Gedanken zur Lesung:
Der Erde treu bleiben. Nicht in den Himmel zu schauen, sondern auf die Erde.
Das ist die Wegweisung der Engel an die Jünger. Aber mit dem Geist des Himmels
und das heißt mit dem Geist Jesu hier auf der Erde zu arbeiten, sie zu gestalten
- dazu werden die Jünger und wir ermutigt. In Jesus Christus hat das Reich Gottes
(das Himmelreich) auf der Erde begonnen - klein wie ein Senfkorn, das in die
Erde fällt. Da, wo ich lebe, mich einzusetzen für das Leben der Menschen. Für
soziale Gerechtigkeit und das Aufleuchten des Schalom Gottes mitten unter uns.
Mich mit anderen vernetzen und verbünden. Im Verband gemeinsam streiten, dass
der Mensch und nicht das Geld im Mittelpunkt steht. Gemeinsam streiten für und
mit den Kleinen und Schwachen, den jugendlichen Arbeitssuchenden, den Arbeitslosen,
mit denen, die von ihrem Lohn nicht leben und ihre Familie ernähern können.
Aus dem Geist Jesu sich mit den Menschen solidarisieren. "Jesus sehen in all
den Leuten, mit denen er sich solidarisiert hat und heute wieder solidarisiert:
mit den Gebeugten, mit den Zerschlagenen, mit den Unterdrückten, mit den Fremden,
mit den Arbeitslosen, mit den Gefangenen. Und ihr werdet ihn sehen in all jenen
Begebenheiten, in welchen Menschen das tun, was auch der Galiläer getan hat:
Er ist angstlos auf die Menschen zugegangen; er hat mit ihnen das Brot gebrochen;
er hat sie in die Arme genommen; er hat bei ihnen ausgeharrt; er ist mit ihnen
ans Kreuz gegangen: kurz: er hat die Menschen geliebt, schrankenlos und grundlos
und umfassend, und bedingungslos und realistisch und bis zum letzten." (Hermann-Josef
Venetz)
Evangelium: Mt 28, 16-20
Gedanken zu Evangelium:
Jesus sendet die Jünger und uns. Wer an Jesus Christus glaubt, wer als Christin
/ als Christ seinen Namen trägt, ist gesendet. "Geht...." Wir sind auf dem Weg,
Bewegung zu den Menschen und mit den Menschen. Gottes Beistand ist zugesagt.
"Ich bin bei euch....." Er ist der Immanuel, der Gott-mit-uns. Darum sind die
Jünger, die Christinnen und Christen bei den Menschen und mit den Menschen.
In der Taufe sind wir hineingenommen in die Lebensgemeinschaft und in die Liebesgemeinschaft
des dreifaltigen Gottes. Wir haben Anteil am Leben in Fülle, am guten Leben
für alle.
Das gilt es zu bezeugen:
da, wo wir Menschen beistehen,
da, wo wir uns für gerechte Strukturen einsetzen,
da, wo Unrecht beim Namen genannt wird,
da, wo Frauen und Männer der KAB Flagge zeigen - an Betriebstoren, auf den Plätzen
in unseren Gemeinden und Städten,
da, wo wir die Fragen, Sorgen und Ängste der Menschen ins Gebet nehmen,
da...........
Fürbitten:
Jesus Christus, du lässt uns nicht allein. Du bist bei uns, stehst uns zur Seite
und sendest uns in diese Welt. Wir bitten Dich:
- für die Kirche, die das Evangelium vom Leben in Fülle zu verkünden hat; für
alle, die aus der Kraft des Evangeliums sich einsetzen für Gerechtigkeit und
Frieden
- für die Menschen in Europa, die sich auf die gemeinsame Zukunft freuen; für
alle, die durch die Öffnung der Grenzen verunsichert sind und deren Existenz
bedroht ist
- für alle, die sich in Europa einsetzen, dass Solidarität gelebt und erfahren
wird, für die Politiker, die den sozialen Zusammenhalt in Europa bei all ihren
Entscheidungen im Blick haben, für alle, die sich vor Ort für ein gutes Miteinander
einsetzen
- für alle, die sich in den Betriebsräten einsetzen für gerechten Lohn und gute
Arbeitsbedingungen, für alle, die in Gewerkschaften streiten für gute Arbeit,
für alle, die sich in den Verbänden vernetzen und verbünden
- für die Frauen und Männer in der KAB, für die europäischen Bewegungen der
christlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für alle, die sich auf internationaler
Ebene einsetzen für gerechten Lohn und gute Arbeit.
Gott, du Quelle des Lebens. Wir danken Dir, dass Du uns in Jesus Christus Freund,
Bruder und Weggefährte geworden bist. Sein Geist ermutigt uns, dass wir uns
immer wieder neu einsetzen für die Würde des Menschen. Dir sei Dank und Ehre
- heute und in Ewigkeit.
Albin Krämer
Bundespräses der KAB |
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