Lebendiges Evangelium Dezember 2010
Jes 2,1-5 (erste Lesung am ersten Adventssonntag im Lesejahr A)
Albin Krämer
Bundespräses
Der Text

Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, in einer Vision über Juda und Jerusalem gehört hat.

2 Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn / steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. / Zu ihm strömen alle Völker.

3 Viele Nationen machen sich auf den Weg. / Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn / und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, / auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, / aus Jerusalem sein Wort.

4 Er spricht Recht im Streit der Völker, / er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern / und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, / und übt nicht mehr für den Krieg.

5 Ihr vom Haus Jakob, kommt, / wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn.
Zugänge zum Text

Am Beginn des neuen Kirchenjahres hören wir als ersten biblischen Text (im Lesejahr A) diesen prophetischen Text aus dem Buch Jesaja. Er gehört zur Ouvertüre des Jesajabuches und ist auch beim Propheten Micha (4,1-3) überliefert. Der Prophet verkündet eine Vision, er zeigt einen Weg in die Zukunft, er bietet dem Volk Gottes und allen Völkern ein Leitbild an: "Die Wege zu gehen im Licht des Herrn!" Dann wird Friede sein!

Am Anfang des Kirchenjahres eine Vision, ein Leitbild. Leitet uns der Blick zum Berg des Herrn? Ist das Wort Gottes vom Schalom für alle Völker die Motivation unseres Handels?

Die Erfahrung der gesellschaftlichen Wirklichkeit und unseres Alltages ist eine andere: "Davos mit seinem Weltwirtschaftsforum wird zum Heiligen Berg der Marktgläubigen. Die hier gemachten Meinungen und Verkündigungen verstehen sich als Licht für die Welt. Allerdings gilt das nur für Starken und Erfolgreichen. Die Schwachen und Kleinen werden als potentielle Unruhestifter mit Polizeigewalt vom Heiligtum ferngehalten." (Thomas Staubli)

"Schwerter zu Pflugscharen" - so das Motto und Schlüsselwort der Friedensbewegung in der DDR und darüber hinaus. Dieses Wort steht nicht nur in der Bibel. Vor der UNO in New York steht ein Denkmal mit dieser Botschaft: eine kräftige Gestalt, die ein Schwert zur Pflugschar umschmiedet. Gestiftet wurde dieses Denkmal vor der UNO übrigens von der UDSSR. Drückt es nicht auch heute die Sehnsucht der Völker und den Schrei der Menschen nach umfassendem Frieden aus?
Januar 2009
September 2008
Lebendiges Evangelium Mai 2008
Lebendiges Evangelium Juni 2008 Juli 2008 Oktober 2008
Fragen zum Gespräch:

a. Welches Leitbild leitet mich in meinem Leben? In welchem biblischen Wort oder auch in welcher Skulptur (in welchem Denkmal) kommt mein Leitbild zum Ausdruck?

b. Glaube ich an die Kraft von Visionen oder halte ich das für "dummes Zeug"? Welche Erfahrungen habe ich damit in meinem Leben?

c. "Schwerter zu Pflugscharen!" Vor 20 Jahren hat die Friedensbewegung mit die Wende ermöglicht. Wie habe ich diese Wende erfahren?

d. "Unsere Wege gehen im Licht des Herrn!"
Sehen - urteilen - handeln. Dieser 3- Schritt kann eine Hilfe sein, um das Bibelwort im Alltag umzusetzen.
Wie gelingt es unsere gesellschaftlichen Wege unter das Wort Gottes zu stellen?

e. Wie bringen wir unsere Überlegungen in die KAB Gruppe, in die Pfarrei und Gemeinde ein?
Gebet - Meditation

"Vision hat mit Freiheit zu tun, ist Vorstellung von größerer Freiheit als der jetzt gegebenen. Visionen sind Bilder `von einem Land, in dem leichter wäre, gut zu sein` , wie eine große pazifistische Visionärin unseres Jahrhunderts, Dorothy Day, Mitbegründerin des Catholic Workers, zu sagen pflegte."
Dorothe Sölle

Lied: Gotteslob 642
Eine große Stadt ersteht

Albin Krämer
Bundespräses
Januar 2010
Lebendiges Evangelium Druckversion Dezember 2010
Lebendiges Evangelium - November 2010

Hochfest Allerheiligen (1. November)
Matthäus 5, 1-12
Ralf Linnartz,
Diözesanpräses Aachen
Der Schrifttext:

1 Als Jesus aber die Volksmenge sah, stieg er hinauf auf einen Berg und als er sich setze, traten seine Jünger zu ihm.

2 Er öffnete seinen Mund, lehrte sie und sagte:

3 Glücklich sind die im Geist Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich.

4 Glücklich sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

5 Glücklich sind die Freundlichen, denn sie werden die Erde erben.

6 Glücklich sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden.

7 Glücklich sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

8 Glücklich sind die im Herzen reinen, denn sie werden Gott sehen.

9 Glücklich sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottessöhne heißen.

10 Glücklich sind die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten, denn ihnen gehört das Himmelreich.

11 Glücklich seid ihr, wenn man euch beschimpft und verfolgt und lügnerisch alles Böse gegen euch sagt um meinetwillen.

12 Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln. Ebenso hat man auch die Propheten vor euch verfolgt.

Übersetzung: Ulrich Lutz (EKK I/1 266,268f.)
Zugänge zum Text:

Die Bergpredigt ist als einer der bekanntesten Texte des Neuen Testaments Gegenstand vieler spiritueller Betrachtungen und Untersuchungen der Bibelausleger (Exegeten).

Der heutige Stand der Bibelauslegung geht davon aus, dass der hier vorliegende Text vom Evangelisten Matthäus als in sich geschlossene Form gestaltet worden ist. Ein Kernbestand dieser "Seligpreisungen" stammt von Jesus selbst. Dieser Kern ist in der Fassung des Lukasevangeliums am ursprünglichsten wiedergegeben (Lk 6,20b-21).

Diese drei Kern - Seligpreisungen wurden von christlichen Gemeinden erweitert und mündlich weiter gegeben. Sie dienten schließlich Matthäus als Vorlage für seine nochmals erweiterte und ausgebaute Redekomposition, die er im Hinblick auf seine Zuhörer und die Situation seiner Gemeinde verfasst hat.

Eines wird durch diesen Prozess deutlich:
1) Die frühen christlichen Gemeinden habe es "gewagt" aus ihrem Glauben an den Auferstandenen und im Sinne Jesu die "Glücklichpreisungen" zu erweitern, auf ihre Situation hin zu schreiben/ zu sprechen.

2) Es wäre einfach: Die Bibel wie eine Art "Rezeptbuch" aufschlagen und konkrete Anweisungen für unser Handeln zu finden. Die Bergpredigt gibt aber keine fertigen Rezepte. Sie stellt keine neuen Gebote auf. Ebenso will sie die "10 Gebote" nicht verschärfen.

3) Die Bergpredigt spricht auf ganz eigene Art von der Herrschaft Gottes. Sie spricht von Gottes Vision einer neuen Welt und einem neuen Menschen. Weil es Gottes Vision ist, gelingt es uns wohl nie, sie ganz auszuloten.

4) Doch können wir uns von ihr begeistern lassen und sie uns immer mehr zu eigen machen. Wir sind eingeladen und aufgefordert, gemeinsam nach Wegen zu suchen, dass sie durch unser Handeln hier und jetzt konkrete Gestalt annimmt.

5) Dabei spielt eine innere Unruhe eine wichtige Rolle, dass wir uns von der Bergpredigt immer neu angestoßen und herausgefordert fühlen und uns nicht entmutigen lassen, wenn die Umsetzung auch überfordernd und utopisch anmutet.

Fragen und Impulse:
  • Welche "Glücklichpreisung" spricht mich konkret an? Bei welchem Teil des Textes spüre ich diese "innere Unruhe" besonders?

  • Warum?

  • Wie würde ich den Text erweitern wollen (im Hinblick auf meine/unsere wahrgenommene Situation in Gesellschaft, Gemeinde, Gruppe)?
Impulstext - Lieder:

Eine andere "Bergpredigt"


Selig die Reichen,
denn ‚Geld regiert die Welt'.

Selig die Rücksichtslosen,
denn ‚sie gehen über Leichen' und werden es zu etwas bringen.

Selig die Lauten und Oberflächlichen,
denn ‚wir kommen alle, alle in den Himmel und darum ‚meide den Kummer und meide den Schmerz, dann ist das Leben ein Scherz'.

Selig die hungern und dürsten nach Macht und Ansehen,
denn sie werden diese Welt beherrschen.

Selig die Egoisten,
denn "selber essen macht fett".

Selig die Raffinierten,
denn sie werden ihr "Schäfchen ins Trockene bringen".

Selig, die alle anderen durcheinander hetzen,
denn sie können "im Trüben fischen".

Selig die ihren Mantel nach dem Wind hängen,
denn sie werden immer obenauf sein und "machen kann man da nichts".

Selig seid ihr, wenn euch die Menschen loben und anhimmeln und euch beklatschen,
weil ihr ihnen nach dem Mund redet und "nur nicht auffallen" wollt,
denn ihr werdet gute Posten, Ehrenurkunden und Orden bekommen.

Alfonso Pereira, Jugend vor Gott, Gedanken und Gebete (Kevelaer, 2.Auflage 1971)

Lieder:
  • "Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt"

    oder in der alternativen Textversion von R. Weber, (vgl. Gotteslob, Bistum Aachen 048)

    Selig seid ihr, / wenn ihr Wunden heilt, / Trauer und Trost / miteinander teilt.
    Selig seid ihr, / wenn ihr Krüge füllt, / Hunger und Durst / füreinander stillt.
    Selig seid ihr, / wenn ihr Fesseln sprengt, / arglos und gut / voneinander denkt.
    Selig seid ihr, / wenn ihr Schuld verzeiht, / Stütze und Halt / aneinander seid.

  • Herr, gib uns Mut zum Hören auf das, was du uns sagst. (GL 521)
Lebendiges Evangelium Druckversion November 2010
Lebendiges Evangelium - Oktober 2010
30. Sonntag im Jahreskreis C (24. Okt. 2010)
Charles Borg-Manché, Diözesanpräses München
Der Schrifttext:

Jesus Sirach 35, 15b-17.20-22a

Er ist ja der Gott des Rechts, bei ihm gibt es keine Begünstigung.
Er ist nicht parteiisch gegen den Armen, das Flehen des Bedrängten hört er.
Er missachtet nicht das Schreien der Waise und der Witwe, die viel zu klagen hat.
Die Nöte des Unterdrückten nehmen ein Ende, das Schreien des Elenden verstummt.
Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken, es ruht nicht, bis es am Ziel ist.
Es weicht nicht, bis Gott eingreift und Recht schafft als gerechter Richter.
Zugänge zum Text:
  • Jesus Ben Eleasar mit dem Beinamen Sirach war ein jüdischer Weisheitslehrer, der wahrscheinlich um 190 v.Chr. in Jerusalem lebte und wirkte. Als traditioneller Schriftgelehrter wollte er durch sein Werk zeigen, wie menschliches Handeln in allen Lebensbereichen von der göttlichen Weisheit her gestaltet werden kann. Seine Sichtweise ist die eines männlichen, gut gebildeten Angehörigen der oberen Mittelschicht, der in relativ gesicherten Verhältnissen lebte und über einen gewissen Einfluss in der Öffentlichkeit verfügte.

  • Jesus Sirach lebte in einer schwierigen Zeit, in der das Volk Israel unter der Fremdherrschaft der Seleukiden stand und daher dem Einfluss der hellenistischen Kultur ausgesetzt war. Die Juden damals mussten sich entscheiden, ob sie sich dieser neuen Kultur anpassen oder an ihren alten Bräuchen festhalten sollten - ein Konflikt, das das Volk spaltete. Jesus Sirach versuchte mit seinem Lehrbuch, einen Mittelweg zu gehen. Auf der einen Seite ist er stark verwurzelt in der eigenen religiösen und kulturellen Tradition; auf der anderen Seite aber ist er auch offen für das Gute einer fremden Kultur.

  • Auffallend bei Jesus Sirach ist, dass seine Schrift über die traditionelle Weisheitsliteratur hinausgeht und deutlich sozialpolitische Züge trägt, die der Sozialkritik der Propheten nicht nachstehen. "In keiner anderen Weisheitsschrift wird die Linie prophetischer Kritik so radikal weitergeführt wie in Jesus Sirach; in keiner anderen werden Ungerechtigkeit und Ausbeutung so scharf gegeißelt und Reichtum so grundlegend skeptisch gesehen." (Prof. Erich Zenger) In den Versen 34,24-26, die unserem Lesungstext vorausgehen prangert Jesus Sirach das Verhalten von jüdischen Großgrundbesitzern drastisch an, die ihren Reichtum vermehrten, indem sie skrupellos ihren Lohnarbeitern den sowieso schon kargen Lohn vorenthielten. Eine solche Ausbeutung nannte er Mord und Blutvergießen. Diese Passage hatte 1514 dem spanischen Priester und Eroberer (Bartholomé de las Casas) die Augen für das den Indios zugefügte Unrecht geöffnet und sein Leben verändert.

  • Im Text der Sonntagslesung macht Jesus Sirach deutlich, dass Jahwe der Gott des Rechts ist, dem es stets um Gerechtigkeit für die Armen und Unterdrückten geht. Er ist im Gegensatz zu den meisten menschlichen Richtern nicht bestechlich. Er kann sich dem Schreien und Flehen der Notleidenden nicht entziehen. Denn das Gebet der Armen ist so stark, dass es sein Ziel erreicht, selbst auf dem scheinbar undurchdringlichen Weg durch die Wolken zum Thron Gottes. An ihnen erweist sich Gott als gerechter Richter.
Fragen zum Gespräch:
  • Wo entdecken wir Strukturen des Unrechts in unserem Umfeld - in unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt? Können wir sie beim Namen nennen?

  • Welche ungerechten Wirtschaftsweisen zwischen den reichen Industrienationen und den armen Ländern der 3. Welt nehmen wir wahr?

  • Wo hören wir vor Ort das oft stumme "Flehen der Bedrängten"?

  • Wie können wir als einzelne Christen, als KAB-Gruppe die "Option für die Armen" in kleinen konkreten Schritten zu leben versuchen?

  • Welche konkreten Aktionen, Projekte wollen wir in den nächsten Wochen angehen, um unsere "Anwaltschaft" für die Armen und Bedrängten in nah und fern in die Tat umzusetzen? (z.B. Aktion für die Rechte von Leiharbeitern, Gründung oder Unterstützung eines "Eine-Welt-Ladens" in der Gemeinde, Partnerschaftsprojekt in der 3. Welt, Gestaltung eines thematischen Gottesdienstes zum Weltmissions-sonntag, usw.)
Impulstexte:

1. Bischof Franz Kamphaus (in:"Auf den Punkt gebracht", Herder Verlag, S. 132-134)

"Als im Jahr 1493 das Schiff des Christoph Kolumbus im Hafen von Sevilla anlegte und die Botschaft von der "Entdeckung" Westindiens mitbrachte, stand ein neunjähriger Bub an der Kaimauer und betrachtete neidvoll die Männer, die aus einer bis dahin unbekannten, geheimnisvollen Welt zurückgekehrt waren. Als Kolumbus sechs Jahre später von seiner zweiten Reise in die Neue Welt zurückkehrte, war aus dem Kind ein Junge von fünfzehn Jahren geworden, der an der Kathedralschule Latein und Recht studierte. Diesmal war seine Erwartung gespannter, denn sein Vater war mit bei den Seefahrern. Was wird er erzählen? Ob er wohl etwas mitgebracht hatte? Der Vater hatte sich eine besondere Überraschung ausgedacht: Einen jungen Burschen vom Stamm der Taino als Spielgefährten...

Der so seltsam Beschenkte hieß Bartolomé de Las Casas. Durch die Erzählung des Vaters neugierig geworden, ließ Las Casas sich 18-jährig für den Militärdienst in Amerika anwerben, betrat 1502 in Santo Domingo den Boden der Neuen Welt und begann seine Karriere im Kampf gegen die Eingeborenen. Für seine Verdienste erhielt er ein "Encomienda" zugeteilt. "Encomienda" hießen die Landgüter, die den spanischen Konquistadoren und Kolonisten in Amerika anvertraut ("encomendar") wurden. Damit war ein doppelter Zweck verknüpft: Die "Encomenderos" durften den Indios Tribute oder Arbeitsleistungen abverlangen und waren zugleich verpflichtet, für den Schutz, den Lebensunterhalt und die Christianisierung der ihnen Anvertrauten zu sorgen. Diese Verbindung von Nutznießung erzwungener Arbeit und Missionierung war der Lebensnerv der spanischen Kolonisation. In der Praxis führte dieses System dazu, dass die spanischen "Encomenderos" die Indios "wie die Tiere des Feldes" zur Arbeit auf ihren Landgütern ausnutzten, ohne den eingegangenen Verpflichtungen auch nur im entferntesten nachzukommen.

Auf der "Encomienda" des Bartolomé de Las Casas war es wohl nicht viel anders, nur etwas barmherziger. Ihr Besitzer hatte sich inzwischen auf einer Reise nach Rom zum Priester weihen lassen und hatte an der Eroberung Kubas als Feldkaplan mitgewirkt. Bei der Vorbereitung der Pfingstpredigt im Jahre 1514 stieß Las Casas auf einen Weisheitstext des Alten Testaments (Sir 34, 21-27):

"Ein Brandopfer von ungerechtem Gut ist eine befleckte Gabe,
Opfer der Bösen gefallen Gott nicht.
Kein Gefallen hat der Höchste an den Gaben der Sünder,
auch für eine Menge Brandopfer vergibt er die Sünden nicht.
Man schlachtet den Sohn vor den Augen des Vaters,
wenn man ein Opfer darbringt vom Gut der Armen.
Kärgliches Brot ist der Lebensunterhalt der Armen,
wer es ihnen vorenthält, ist ein Blutsauger.
Den Nächsten mordet, wer ihm den Unterhalt nimmt,
Blut vergießt, wer dem Arbeiter den Lohn vorenthält."


Diese Worte trafen La Casas ins Herz, kehrten ihn um. Er verzichtete auf seine "Encomienda" und hörte ab sofort nicht mehr auf, die Eingeborenen zu verteidigen und seine Landsleute wegen ihres Unrechts anzuprangern. Er wurde zur Stimme des Gewissens in der Neuen Welt.

2. Aus dem gemeinsamen Kirchenwort "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" (1997) Ziff. 107:

"In der vorrangigen Option für die Armen als Leitmotiv gesellschaftlichen Handelns konkretisiert sich die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe. In der Perspektive einer christlichen Ethik muss darum alles Handeln und Entscheiden in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an der Frage gemessen werden, inwiefern es die Armen betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem Handeln befähigt. Dabei zielt die biblische Option für die Armen darauf, Ausgrenzungen zu überwinden und alle am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Sie hält an, die Perspektive der Menschen einzunehmen, die im Schatten des Wohlstands leben und weder sich selbst als gesellschaftliche Gruppe bemerkbar machen können noch eine Lobby haben. Sie lenkt den Blick auf die Empfindungen der Menschen, auf Kränkungen und Demütigungen von Benachteiligten, auf das Unzumutbare, das Menschenunwürdige, auf strukturelle Ungerechtigkeit. Sie verpflichtet die Wohlhabenden zum Teilen und zu wirkungsvollen Allianzen der Solidarität."

Charles Borg-Manché
Lebendiges Evangelium Druckversion Oktober 2010
Lebendiges Evangelium - September 2010
25. Sonntag im Jahreskreis
Amos 8, 4-7 (erste Lesung)
Albin Krämer,
KAB-Bundespräses
Der Schrifttext:

Gegen die Ausbeutung:
Hört dieses Wort, die ihr die Schwachen verfolgt /
und die Armen im Land unterdrückt.
Ihr sagt: Wann ist das Neumondfest vorbei? /
Wir wollen Getreide verkaufen. Und wann ist der Sabbat vorbei? /
Wir wollen den Kornspeicher öffnen, das Maß kleiner und den Preis größer machen /
und die Gewichte fälschen.
Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, /
für ein paar Sandalen die Armen. Sogar den Abfall des Getreides /
machen wir zu Geld.
Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: /
Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.
Zugänge zum Text:

Amos war ein Bauer und stammte aus dem judäischen Bergland.
Von Gott wird er zum Propheten berufen und tritt ungefähr um das Jahr 760 v. Chr. auf. Es ist eine Zeit, in der in Israel große soziale Gegensätze herrschen. Auf der einen Seite die in Saus und Braus lebende Oberschichte, die, die das Sagen haben und die Politik machen. Auf der anderen Seite die Kleinen und sozial Schwachen, all jene, auf deren Rücken die Probleme des Landes ausgetragen werden.
Die Schwachen werden verfolgt und die Armen unterdrückt. Sie haben niemand, der für sie die Stimme erhebt. Im Namen Gottes spricht Amos.
Amos klagt die Habgier an:
Jene Habgier, die andere gnadenlos ausbeutet.
Jene Habgier, die die Sonn- und Feiertage abschafft, damit in einer rund-um-die-Uhr-Gesellschaft zu jeder Zeit gewinnbringende Geschäfte möglich sind.
Jene Habgier, die die Gewicht fälscht und dadurch einen höheren Gewinn ermöglicht.
Jene Habgier, die andere degradiert zu Handelsobjekten.

Amos erhebt seine Stimme im Namen Gottes, der Gerechtigkeit und gutes Leben für alle will.
Fragen und Impulse:


"Tiefe Risse gehen durch unser Land…." So beschreibt das Wort der Kirchen "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" die Situation in unserem Land. "Tiefe Risse gehen durch unser Land…"

Welche Risse nehmen wir in unserem persönlichen Umfeld wahr? Wer lebt auf der einen, wer auf der anderen Seite? Kennen wir die Lebenssituation von Arbeitslosen, Niedriglohnempfängern, Hartz IV Betroffenen?
Gibt es in unserem Umfeld Kinderarmut?

Welche Rahmenbedingungen verändern diese Risse? Welche vergrößern sie? Welche verkleinern sie?

Was ist unser Beitrag als KAB - auch vor Ort - , um die "tiefen Risse" zu überwinden? (z.B. in der Allianz für den freien Sonntag, in der Begleitung Jugendlicher auf dem Weg in die Arbeitswelt, durch Wahrnehmen der Lebensgeschichten der Schwachen….) '

"Wahre Solidarität ist mehr als die Münze, die man dem Bettler hinwirft, sie ist nicht zufällig und gedankenlos. Sie kommt zu der Einsicht, dass ein Land, das Bettler hervorbringt, umgebaut werden muss." (Martin Luther King)

Welche Strukturen sind bei uns zu verändern? Was kann ich dazu beitragen? Was müssen wir von unseren Politikerinnen und Politikern fordern?

Gebet - Impuls - Lied:

Abgestumpft
von der Gnadenlosigkeit der Welt
fällt es schwer
an ein Leben zu glauben
wo Menschen
Partei ergreifen für die Armen
Böses mit Gutem vergelten
Hoffnungslosen beistehen
die Schwachen stützen
barmherzig sind

Du hast uns
vorgelebt
dieses andere Leben
Du mutest uns zu
gering zu achten ein Leben
im Dienst der Kapitalvermehrung

Sei geduldig mit uns
aber lass uns keine Ruhe
damit wir nie vergessen
dass wir frei sind
so zu leben
wie du

Guido Groß

Albin Krämer
Bundespräses KAB
Lebendiges Evangelium Druckversion September 2010
Lebendiges Evangelium - August 2010
18. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C,
Lukas 12, 13 - 21
Peter Hartlaub
Diözesanpräses Würzburg
Der Schrifttext:

13 Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.

14 Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht?

15 Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.

16 Und er erzählte ihnen folgendes Beispiel: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte.

17 Da überlegte er hin und her: Was soll ich tun? Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll.

18 Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen.

19 Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens!

20 Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?

21 So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.
Zugänge zum Text:

Die Auseinandersetzung mit dem Reichtum und die Frage nach dem Umgang mit dem Besitz sind zentrale Themen des Evangelisten Lukas. Dabei geht es ihm nicht zuerst um eine ethische Frage, sondern um eine Frage des Gottesbildes. Luther hat das in seinem Großen Katechismus auf den Punkt gebracht: "Was heißt, einen Gott haben, oder was ist Gott? Antwort: ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten; also dass einen Gott haben nichts anders ist, denn ihm von Herzen trauen und glauben."

Wer also auf Geld, Besitz und Wohlstand setzt, der verehrt nicht den wahren Gott des Lebens, sondern einen Götzen. Hören wir noch einmal Luther: "Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles genug, wenn er Geld und Gut hat, verlässt und brüstet sich darauf so steif und sicher, dass er auf niemand etwas gibt. Siehe, dieser hat auch einen Gott, der heißt Mammon, das ist Geld und Gut, darauf er all sein Herz setzt, welches auch der allergewöhnlichste Abgott ist auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich sicher, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und wiederum, wer keins hat, der verzweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott."

Jesus macht in seiner Beispielerzählung deutlich, dass das Setzen auf den Götzen "Geld und Gut" nicht zum wahren, zum ewigen Leben verhilft. Nur wer vor Gott reich wird, weil er sich an ihm orientiert, auf ihn setzt, seine Nähe sucht, der kann das wahre Leben finden.
Fragen und Impulse:

"Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt."

1. Worin besteht für mich der Sinn des Lebens? Worauf kommt es mir an? An wen oder was glaube ich, worauf vertraue ich in der Not?

2. Was kann ich tun, um mich gegen falsche Leitbilder vom Wert des Besitzes und des Wohlstandes, die in unserer Gesellschaft propagiert werden, zu schützen?

3. Die Vermögens- und Einkommensverteilung in unserem Land und die Kluft zwischen Arm und Reich ist in den letzten Jahren immer größer geworden.
Die untere Hälfte der Bevölkerung verfügte 2009 über weniger als vier Prozent des Vermögens, das obere Zehntel der Vermögensbesitzer über 46,8 %. Bei den Einkommen beziehen 60 % der Einkommensbezieher (16,4 Mio. Menschen) gerade einmal 28 % der Einkommen, während die oberen hunderttausend Einkommensbezieher (0,38 % aller Einkommensbezieher) 9 % der Einkünfte erhalten. Wie bin ich als Christ, wir als KAB von dieser Situation heraus gefordert?
Was muss aus dem Evangelium heraus getan werden?

"Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier."

1. Welche Formen nimmt Habgier in unserer Gesellschaft an?

2. Wie gehe ich selber mit der Versuchung der Habgier um? Wo spüre ich diese Versuchung? Welche Wege habe ich, um mich vor ihr zu schützen?

"So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist."

1. Was verstehe ich darunter, vor Gott reich zu sein?

2. Kann ich Schätze vor Gott oder für Gott sammeln? Wenn ja, wie?

"Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern."


1. Bin ich mir bewusst, dass mein Leben von einer Sekunde zur anderen zu Ende sein kann?

2. Was bedeutet diese Einsicht für mein Leben? Lebe ich deshalb anders?

Text - Gebet:

lass uns nicht verkommen


gott der du uns gemacht hast
nach deinem bild und gleichnis
lass uns nicht verkommen
gott wir rufen zu dir
dass wir nicht im lärm ertauben
dass wir nicht im licht erblinden
dass wir nicht in der luft ersticken
dass wir nicht im wasser verschmutzen
dass wir nicht vor bildschirmen
und in filmen verdummen
dass wir nicht vor sauberkeit erkranken
dass wir nicht im schmutz verseuchen
dass wir nicht in einem wald von antennen
die antenne für dich
gott
für das wahre leben
für den wahren menschen
verlieren
dass wir nicht in unsern Städten
unter die räder kommen
dass wir nicht von reklame erschlagen werden
dass wir nicht alles verplanen
dass wir nicht vor keimfreiheit
alles im keim ersticken
dass wir nicht vor lauter sicherheit
leise und unmerklich absterben
dass wir nicht im fortschrittstaumel
rückfällig werden und barbarisieren
dass wir satten nicht unersättlich werden
dass wir unsere grenzen finden und achten
dass wir nicht manipuliert
und verführt werden von führern
dass wir nichts vergötzen
dass wir nichts mißbrauchen
dass wir uns in nichts versteigen
dass wir uns nicht überschätzen
dass wir die übersicht nicht verlieren
dass wir voreinander ehrfürchtig werden
dass wir vorsichtig werden
dass wir nachsichtig werden
dass wir weitsichtig werden
dass wir mensch werden
gott
der du uns gemacht hast
aus dem staub der erde
nichts waren wir
nichts sind wir
nichts werden wir sein
ohne dich

Wilhelm Willms
Lebendiges Evangelium Druckversion August 2010
Lebendiges Evangelium für Juli 2010
Lk 10,25-37
15. Sonntag im Jahreskreis - 11. Juli 2010 (Lesejahr C)
P. Ludwig Dehez SJ
Diözesanpräses Köln
Der Schrifttext:
Das Beispiel vom barmherzigen Samariter

10:25 Da stand ein Gesetzeslehrer auf, und um Jesus auf die Probe zu stellen, fragte er ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?

10:26 Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz? Was liest du dort?

10:27 Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.

10:28 Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben.

10:29 Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?

10:30 Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halb tot liegen.

10:31 Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter.

10:32 Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter.

10:33 Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid,

10:34 ging zu ihm ihn, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.

10:35 Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.

10:36 Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde?

10:37 Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat.
Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!
Zugänge zum Text:

Das Gleichnis gehört zum Sondergut des Evangelisten Lukas. Auch Markus und Matthäus berichten von der Frage nach dem Nächsten, erzählen aber keine Geschichte. Jesus antwortet auf die Frage des Gesetzeslehrers mit Zitaten aus dem Buch Deuteronomium (Dtn 6,5) und Levitikus (Lev 19,18) und reiht sich damit in die jüdische Tradition ein. Die Tora mit ihrem zentralen Gesetz von Gottes- und Nächstenliebe ist für Jesus oberste Norm. Gottesliebe ist immer konkret. Ihr Maßstab ist der Mensch, der notleidende Mensch, der geschundene Mensch.

Der springende Punkt in der Geschichte ist der Kontrast im Handeln. Priester und Levit kümmern sich nicht um den Verletzten. Ist es Gleichgültigkeit, ist es ein bewusstes Wegsehen? Beide waren auf dem Heimweg vom Tempeldienst. Sogar vom jüdischen Ethos her wären sie verpflichtet gewesen zu helfen. Das griechische Wort für "Vorübergehen" bzw. "Weitergehen" müsste eigentlich noch schärfer mit "sie wichen auf die andere Straßenseite aus" übersetzt werden. Beide tun also so, als hätten sie das Opfer nicht gesehen.

Dagegen tut der Samariter das, was die Landsleute und Glaubensgenossen unterlassen. Wichtig ist nach Jesus, nicht zu klären, wer mein Nächster ist, sondern wem ich zum Nächsten werden kann, weil ich ihm helfe und tue, was jetzt wichtig und nötig ist. Der Samariter sieht und "hat Mitleid". Das griechische Wort ist noch viel drastischer: Da drehen sich die Eingeweide um. Sprich: Der Samariter lässt sich emotional betreffen. Er leidet, weil der Verletzte leidet und er fragt nicht danach, was ihm passieren kann.

Das ist praktizierte Nächstenliebe im Sinne Jesu. Not von Menschen sehen, nicht achtlos wegschauen, nicht schnell weglaufen, sondern helfen mit den Mitteln und Möglichkeiten, die in der aktuellen Situation zur Verfügung stehen. Dabei ist es völlig gleich, ob ich den andern, der Hilfe benötigt, kenne oder nicht. Martin Buber hat es mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht: "Ich soll (dem anderen) Liebe antun; und zwar als einem, der ‚wie ich ist': der Liebestat bedürftig wie ich".

Nach Gottes Willen zu leben ist nicht etwas Abstraktes oder Unzumutbares oder Unerreichbares. "Geh und handle genauso". Wir können sehen und nichts tun, so wie der Priester und Levit. Wir können aber auch sehen und handeln, Hilfe leisten, wo Hilfe gebraucht wird. Mit dem, was uns möglich ist. Wenn wir dazu bereit sind. Wenn wir es wirklich wollen.

Fragen:
  1. Was muss ich heute angesichts der Umbrüche und Veränderungen und Unsicherheiten in unserer Gesellschaft und in unserem Alltag tun, um mit mir und den Menschen so umzugehen, dass wir gelungenes Leben finden?

  2. "Der barmherzige Samariter" ist zum geflügelten Wort geworden. Wo halten wir als KAB-Mitglieder unsere Augen offen, wo packen wir zu, wo tun wir den Willen Gottes, ohne Vor- und Nachteile abzuwägen, ohne zu rechnen, was für uns dabei rumkommt?

  3. Wer sind heute die Räuber? Wer sind heute die Opfer?

  4. Was sind heute unsere Gründe, bei aller Not wegzusehen?

  5. Wo machen wir unsere Hände wie der Samariter schmutzig? Erheben wir unsere Stimme für die, die keine Stimme haben oder erheben können?
Impulse - Texte - Gebete - Lieder:

Text: …wie dich selbst

Das letzte Drittel des Liebesgebots wird meist unterschlagen.
Vielleicht nicht mal in böser Absicht.
Über die Gottesliebe gibt es Predigten und Traktate der Mystik.
Der Aufruf zur Nächstenliebe klebt an der Litfasssäule, hockt in der Fußgängerzone unübersehbar, macht mir ständig ein schlechtes Gewissen.
Das dritte Drittel bleibt meist auf der Strecke.
Dass ich mich selbst lieben darf, lieben soll, habe ich nicht gelernt in der Kirche.
Da musste ich nachsitzen in der Schule des Lebens.
Wer sich selbst nichts gönnt, spendiert auch andern kein Eis.
Wer sich selbst verachtet, wird leicht zum Menschenverächter.
Wer sich selbst keine Blumen kauft, verschenkt auch keine.
Wer ständig die Zähne zusammenbeißt, lernt nicht lächeln.
Wer seinen Körper nicht mag, geht auch mit der Seele schlecht um.
Wer seine Sexualität verteufelt, beleidigt den Schöpfergott.
Wer nur auf den Himmel wartet, verpasst die Erde.
Wer sich selbst nicht verzeiht, dass er Mensch ist, versteht nicht die Menschwerdung Gottes.

(Hermann Josef Coenen, aus: Die Botschaft heute, Bergmöser+Höller Verlag, Heft 5+6/2007, S. 194)
Gebet: Du bist nicht, wo Unrecht geschieht

Du bist nicht Gott, wo Unrecht geschieht: Es sei denn auf der Seite der Benachteiligten.
Du bist nicht Gott, wo man auf Kosten anderer lebt. Es sei denn auf der Seite der Armen.
Du bist nicht Gott, wo man die Güter des Lebens anhäuft. Es sei denn auf der Seite der Ausgeschlossenen.
Darum will ich Dich suchen in der Gerechtigkeit und bei den Benachteiligten, Armen, Ausgeschlossenen. Amen.
Gebet aus: Anton Rotzetter, Gott, der mich atmen lässt, Herder-Verlag, S. 196
Lieder:
"Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt."
"Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht…"
GL 623: "Worauf sollen wir hören, sag uns, worauf?"
Lebendiges Evangelium Druckversion Juli 2010
Lebendiges Evangelium - Juni 2010
Fronleichnam - 2. Lesung 1 Kor 11,23 - 26 C
Albin Krämer,
KAB-Bundespräses
Der Schrifttext (mit Kontext) :
(1 Kor 11,17.20-27.33)

Das kann ich nicht loben, dass ihr nicht mehr zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt…..

Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahls mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist. Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben? Was soll ich dazu sagen? ……

Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn…..

Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander!
März 2010 Februar 2010
Zugänge zum Text:

Das Mahl Jesu überwindet Grenzen. Dieses Mahl macht er zu seinem Erkennungszeichen.
Die Feier dieses Mahles verbindet Menschen zu Schwestern und Brüdern und das hat Konsequenzen für die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens.

In jeder Eucharistiefeier wird uns Jesus im geteilten Brot gezeigt mit den Worten: "Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt" (vgl. Joh 1,29).

"Die Sünde der Welt - das sind die "Strukturen der Sünde", wie es Johannes Paul II. formuliert, Strukturen, die Menschen über die Klinge springen lassen, Strukturen, die den Menschen seine Würde berauben indem sie ihn reduzieren auf seine Rolle als Konsument und Verbraucher, Strukturen und Entscheidungen, die den Mammon über den Menschen stellen, die den Menschen an das Kapital verkaufen. Wenn über den möglichen Bankrott von Staaten Wetten abgeschlossen und damit viel Geld verdient wird, dann ist ganz klar, um was das Denken und Handeln sich dreht: um den Gewinn, der über Leichen geht.

Jesus durchbricht die Strukturen der Sünde und schenkt sich selbst im geteilten Brot. Im Teilen des Brotes eröffnen sich neue Lebensperspektiven. Im geteilten Brot leuchtet das Geheimnis des Lebens auf: Leben lebt vom Teilen - von Anfang an. Im Teilen leuchtet die Liebe Gottes unter uns auf. Denn das Geheimnis Gottes ist die Liebe. Jesus bezeugt uns dies immer wieder in Wort und Tat: Wenn er Außenseiter in die Tisch- und Mahlgemeinschaft aufnimmt, wenn er die Kinder in die Mitte stellt, wenn er sich den Kranken zuwendet und fragt: "Was willst du, das ich dir tun soll?", wenn er ermutigt und die Kraft gibt: Aufzustehen und den eigenen Weg voll Vertrauen zu gehen.

Jesus lebt die Solidarität Gottes mit allen Menschen und zeigt dadurch den Weg zum Leben."

(Albin Krämer)

Fragen:
  1. In Korinth gab es ganz konkret im Leben der Gemeinde die Erfahrung der Spaltung in arm und reich. Wo und wie nehmen wir das in unserer Gemeinde, in unserm Lebensumfeld, in unserer Gesellschaft wahr?

  2. Welche "Brücken", die die Spaltung überwinden werden bei uns gebaut, welche bauen wir selbst in und mit unserer Gemeinde, in und mit unserer KAB?

  3. Christlicher Glaube will den Alltag durchdringen und verändern. Wo spüre ich Blockaden? Wo gelingt es mir?

  4. Welche Bedeutung hat die Feier der Eucharistie für mein persönliches Leben?

  5. Wie prägt die Feier der Eucharistie unseren Alltag als christliche Gemeinde, als KAB vor Ort?
Gebet - Impuls - Lied:

Die Christen können nicht das Brot am Tisch des Herrn teilen, ohne auch das tägliche Brot zu teilen. Ein weltloses Heil könnte nur eine heillose Welt zur Folge haben. Der Einsatz für Menschenwürde und Menschenrechte, für Gerechtigkeit und Solidarität ist für die Kirche konstitutiv und eine Verpflichtung, die ihr aus ihrem Glauben an Gottes Solidarität mit den Menschen und aus ihrer Sendung, Zeichen und Werkzeug der Einheit und des Friedens in der Welt zu sein, erwächst.
(Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Nr. 101)

"Wer in Gott eintaucht, taucht neben dem Menschen wieder auf."
(Passauer Pastoralplan)

Lied: Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht……

Albin Krämer
Bundespräses KAB
Lebendiges Evangelium Druckversion Juni 2010
Lebendiges Evangelium - Mai 2010
5. Sonntag der Osterzeit - Lesejahr C
Lesung: Offb 21,1 - 5a
Albert Seelbach
Diözesanpräses Limburg
Text:

1 Ich, Johannes, sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.

2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herab kommen von Gott; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.

3 Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht das Zelt Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er selbst, Gott, wird mit ihnen sein.

4 Er wird jede Träne aus ihren Augen wischen; der Tod wird nicht mehr sein, nicht Trauer noch Klage, noch Mühsal. Denn die alte Welt ist vergangen.

5a Er, der auf dem Thron saß, sprach: Neu mache ich alles.
Zugänge zum Text:

Die Offenbarung des Johannes ist entstanden gegen Ende des ersten Jahrhunderts, also in einer Zeit, in der die Kirche unter harten Verfolgungen litt. Es ist ein Trostbuch für die christlichen Gemeinden. Sie werden nach aller Drangsal in Gottes Herrlichkeit geführt, in seine himmlische Stadt Jerusalem, die auch ein positives Gegenbild zum gottfeindlichen Babylon ist (Babylon: Sprachverwirrung - Jerusalem: Die Menschen hören Petrus an Pfingsten in vielen Sprachen reden). Die Offenbarung spricht von der Neuschaffung aller Dinge durch Gott. Am Ende vergeht die alte Welt und Gott schafft eine neue Welt, die nicht mehr von Bosheit, Gewalt, Leid, Not, Tod und Tränen geprägt ist, sondern von Gottes Herrlichkeit erfüllt ist. Das neue Jerusalem, die Gemeinde der Erlösten, ist wie eine Braut, die in strahlender Klarheit und Freude und in heiliger Sammlung ihrem Herrn entgegen geht.

Dieser Text kann uns Mut machen, zum neu - Werden der Welt bereit zu sein und unseren Beitrag dazu zu leisten.

Ein Zelt Gottes unter den Menschen ist für uns auch die Kirche mit dem Tabernakel (= kleines Zelt). Wenn wir Gottes Volk sind und er mit uns ist, dann gibt uns das Zu-versicht und Gelassenheit in unserem Einsatz für diese kommende neue Welt (das Reich Gottes). Zelt Gottes unter den Menschen ist aber auch die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden.

Fragen:
  1. Wo erleben wir die Kirche (die KAB, uns selbst) schon als ein wenig neues Jerusalem, in dem Frieden ist, in dem Gott mit den Menschen ist, in dem Neues wachsen kann, in dem alte Gegensätze z.B. zwischen den Konfessionen, Religionen, Rassen und Sprachen überwunden werden?

  2. Ist unsere KAB - Gruppe, ist jeder/jede einzelne von uns offen für das Neue, das Gott unter uns und mit uns wirken will?

  3. Wo haben wir schon helfen können, Tränen zu trocknen und Leid zu überwinden?

  4. Spüren wir auch unsere Grenzen? Wir können den neuen Himmel und die neue Erde nicht machen! Wir können nur Gott darum bitten, dass er diese neue Welt herbeiführt und wir können offen dafür werden. Diese Überzeugung können wir vielleicht in ein freies Gebet einmünden lassen bzw. in eines der folgenden Lieder.
Ein neuer Himmel...

Refrain: Ein neuer Himmel, eine neue Erde, Wolf und Lamm werden Freunde, weiden in einer Herde.

1. Wo Blumen des Asphalt aufbrechen, da weht ein neuer Geist. Der deutet an, dass kommen wird, was uns Gott verheißt.

2. Wo Feinde ihren Streit begraben, da weht ein...

3. Wo alle satt zu essen haben, da weht ein...

4. Wo alle Kinder Zukunft haben, da weht ein...

5. Wo Menschen in den Kirchen tanzen, da weht ein...

T: Eugen Eckert M: Winfried Heurich Lahn-Verlag: Limburg
Lebendiges Evangelium Druckversion Mai 2010
Lebendiges Evangelium - April 2010
Lesung der Osternacht: Ex 14,15 - 15,1

Die Liturgie der Osternacht erzählt in vielen verschiedenen Lesungen von der Rettungs- und Befreiungstaten Gottes. Die zentrale Lesung, die auf keinen Fall fehlen darf, ist die Rettung des Gottesvolkes am Schilfmeer.
Albin Krämer,
KAB-Bundespräses
Der Schrifttext Exodus 14,15 - 15,2a:

15 Der Herr sprach zu Mose: Was schreist du zu mir? Sag den Israeliten, sie sollen aufbrechen.

16 Und du heb deinen Stab hoch, streck deine Hand über das Meer und spalte es, damit die Israeliten auf trockenem Boden in das Meer hineinziehen können.

17 Ich aber will das Herz der Ägypter verhärten, damit sie hinter ihnen hineinziehen. So will ich am Pharao und an seiner ganzen Streitmacht, an seinen Streitwagen und Reitern meine Herrlichkeit erweisen.

18 Die Ägypter sollen erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich am Pharao, an seinen Streitwagen und Reitern meine Herrlichkeit erweise.

19 Der Engel Gottes, der den Zug der Israeliten anführte, erhob sich und ging an das Ende des Zuges und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat an das Ende.

20 Sie kam zwischen das Lager der Ägypter und das Lager der Israeliten. Die Wolke war da und Finsternis und Blitze erhellten die Nacht. So kamen sie die ganze Nacht einander nicht näher.

21 Mose streckte seine Hand über das Meer aus und der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen und das Wasser spaltete sich.

22 Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand.

23 Die Ägypter setzten ihnen nach; alle Pferde des Pharao, seine Streitwagen und Reiter zogen hinter ihnen ins Meer hinein.

24 Um die Zeit der Morgenwache blickte der Herr aus der Feuer- und Wolkensäule auf das Lager der Ägypter und brachte es in Verwirrung.

25 Er hemmte die Räder an ihren Wagen und ließ sie nur schwer vorankommen. Da sagte der Ägypter: Ich muss vor Israel fliehen; denn Jahwe kämpft auf ihrer Seite gegen Ägypten.

26 Darauf sprach der Herr zu Mose: Streck deine Hand über das Meer, damit das Wasser zurückflutet und den Ägypter, seine Wagen und Reiter, zudeckt.

27 Mose streckte seine Hand über das Meer und gegen Morgen flutete das Meer an seinen alten Platz zurück, während die Ägypter auf der Flucht ihm entgegenliefen. So trieb der Herr die Ägypter mitten ins Meer.

28 Das Wasser kehrte zurück und bedeckte Wagen und Reiter, die ganze Streitmacht des Pharao, die den Israeliten ins Meer nachgezogen war. Nicht ein Einziger von ihnen blieb übrig.

29 Die Israeliten aber waren auf trockenem Boden mitten durch das Meer gezogen, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand.

30 So rettete der Herr an jenem Tag Israel aus der Hand der Ägypter. Israel sah die Ägypter tot am Strand liegen.

31 Als Israel sah, dass der Herr mit mächtiger Hand an den Ägyptern gehandelt hatte, fürchtete das Volk den Herrn. Sie glaubten an den Herrn und an Mose, seinen Knecht.

15 Damals sang Mose mit den Israeliten dem Herrn dieses Lied; sie sagten:
Ich singe dem Herrn ein Lied, /
denn er ist hoch und erhaben. /
Rosse und Wagen warf er ins Meer.

2 Meine Stärke und mein Lied ist der Herr, /
er ist für mich zum Retter geworden. /
Zugänge zum Text:

"Die einen siegen, die anderen müssen dran glauben!" so mag dieser Text auf manche Zeitgenossen wirken. "Was soll dieser Kriegsbericht aus alten Tagen in der Osternacht, der zentralen Feier unseres Glaubens?" Es geht um Tod und Leben: auf der einen Seite steht der Pharao mit seinem Herr für die Macht des Todes und auf der anderen Seite steht Jahwe, der Gott Israels. Was wie ein "Götterkampf" (Pharao galt in Ägypten als Gott) gestaltet ist, will aber im Kern eine Rettungs- und Wundergeschichte erzählen. Das größte aller Wunder hat Israel erlebt: in einer völlig aussichtslosen Lage, lässt Gott die Todesmacht in den Chaoswassern versinken. Gott tritt dem Tod und den todbringenden Mächten entgegen und schafft Raum zum Atmen und zum Leben.

V22: "trockener Boden"


Gott gibt Boden unter den Füßen, Halt und Sicherheit, Lebensraum. Der rettende Gott steht für Asyl: er gibt Freiraum, Unterschlupf, Schutz. Gott selbst ist Ort der Zuflucht. Gott lässt uns nicht in den Chaosmächten (Pharao und Meer) hängen. Er eröffnet Wege in die Freiheit.


Fragen zum Gespräch:
  1. Das Volk Israel wird bedroht von der Macht des Pharaos. Er will Israel wieder in die Sklaverei, in die Unterdrückung führen.
    Was sind die pharaonischen Mächte heute, die Menschen unterdrücken? (todbringende, entwürdigende, entfremdende Mächte unserer Tage?)

  2. "Manchmal bleibt mir die Luft weg. Ich bin sprachlos. Manchmal wird es mir eng ums Herz. Angst macht sich breit und lähmt mich."
    Kenne ich solche Situationen? Kann ich diese Situationen beim Namen nennen?

  3. In einer aussichtslosen Situation erfährt das Volk Gottes, dass gelebte Solidarität einen Weg eröffnet. Die Erfahrung, dass Gott da ist, dass Menschen füreinander einstehen, dass die Starken die Schwachen mittragen, eröffnet Auswege und Perspektiven.
    Kann ich diese Erfahrung bestätigen, mit Beispielen aus dem eigenen Leben und den Erfahrungen anderer ergänzen?

  4. Gott ist ein rettender und befreiender Gott. Er gibt Raum zum Atmen und zum Leben.
    Stimmt diese Erfahrung der Bibel mit meinem Gottesbild überein?

  5. "Nicht schreien, sondern aufbrechen!" (Vers 15)
    Wo bleiben wir in Resignation stecken - in unserer KAB, im eigenen Leben?

  6. Die Rettungsgeschichte am Schilfmeer ist ein Bild für unsere Taufe. In der Taufe gilt die Zusage Gottes, dass selbst der größte Feind des Lebens, der Tod, ins Leere läuft. Gott zieht uns in der Taufe in seine Welt hinein, bevor der Tod für immer zugreifen kann. So sind wir Kinder Gottes, haben Anteil an seinem Reich.

    Was heißt es dann als Getaufte zu leben?
    Wo setzen wir gegen die todbringenden Mächte unserer Zeit die Flagge des Lebens?
    Wo und wie gestalten wir die Erfahrung von Solidarität (im kleinen und weltweit)
"Wenn ich rufe, erhöre mich, Gott, du mein Retter!
Du hast mir Raum geschaffen, als mir angst war.
Sei mir gnädig, und hör auf mein Flehen!"
Psalm 4,1-2

Wenn die Nacht uns auf dem Weg überrascht:
Lasst uns an den Tag glauben!
Gott ist Licht!
Die Feuersäule
wird unsere Schritte leiten
bis in das verheißene Land.

Wenn die Wasser uns den Weg versperren:
Lasst uns weitergehen!
Gott ist der Weg!
Am anderen Ufer reicht er uns die Hand,
die uns aus der Angst herausreißt.

Wenn Durst die Lippen austrocknet:
Lasst uns die Erinnerung wachrufen!
Gott ist treu!
Der Felsen wird sich öffnen,
wir werden schöpfen
aus der tiefen Quelle.

Wenn unsere Hände sich erschrecken,
weil sie leer sind:
Lasst uns keine Angst haben!
Gott ist Güte!
Er hört den Schrei seines Volkes in der Wüste.
Er schenkt das Manna.

Reinhard Lettmann, Nardenöl und leere Hände, Kevelaer 2001, S. 13
Juni 2010 Mai 2010 April 2010
Eine große Stadt ersteht... (GL 642)

1. Eine große Stadt ersteht, die vom Himmel niedergeht in die Erdenzeit. Mond und Sonne braucht sie nicht; Jesus Christus ist ihr Licht, ihre Herrlichkeit.

2. Lass uns durch dein Tor herein und in dir geboren sein, dass uns Gott erkennt. Lass herein, die draußen sind, Gott heißt jeden von uns Kind, der dich Mutter nennt.

3. Dank dem Vater, der uns zieht durch den Geist der in dir glüht. Dank sei Jesus Christ, der durch seines Kreuzes Kraft uns zum Gottesvolk erschafft, das unsterblich ist.

T: Silja Walter M:Josef Anton Saladin
Lebendiges Evangelium Druckversion April 2010
Lebendiges Evangelium - März 2010
4. Fastensonntag - Lesejahr C (14. März 2010)
Charles Borg-Manché, Diözesanpräses München
Der Schrifttext LK 15,11 - 32:

11 Jesus erzählte folgendes Gleichnis: Ein Mann hatte zwei Söhne.

12 Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf.

13 Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.

14 Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land und es ging ihm sehr schlecht.

15 Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten.

16 Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.

17 Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um.

18 Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.

19 Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.

20 Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

21 Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.

22 Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an.

23 Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein.

24 Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.

25 Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz.

26 Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle.

27 Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat.

28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu.

29 Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte.

30 Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.

31 Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein.

32 Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. ,
Zugänge zum Text:

- "Ein Mann hatte zwei Söhne": Das Gleichnis greift die Situation einer reichen Familie in Palästina auf - mit zwei erwachsenen Söhnen. Der Vater ist vermutlich ein Großgrundbesitzer, der Knechte hat und Tagelöhner beschäftigt. Dazu gehört auch das großzügige (Mastkalb) ausgelassene Feiern von Festen.

- Zum damaligen Erbrecht: Nach jüdischem Recht stand der Hof als Familienbesitz dem ältesten Sohn als Erbe zu. Der Erbanspruch des Jüngeren betraf nur das verfügbare Vermögen - und zwar ein Drittel davon. Das Fordern des Erbteils vor dem Tod des Vaters war nach jüdischem Gesetz erlaubt, galt allerdings als ungehörig.

- "Der jüngere Sohn zog in ein fernes Land": Die Auswanderung in die Fremde war damals in Israel nichts Außergewöhnliches. Da das Land Palästina die Bevölkerung nicht ernähren konnte, wanderten viele Menschen aus. Zur Zeit Jesu lebten in Palästina nicht mehr als 500.000 Menschen
- 4 Millionen Juden dagegen hatten ihren Wohnsitz in der Fremde (Diaspora).

-"Er führte ein zügelloses Leben":
Der Traum vom bequemen und sorgenfreien Leben, das sich der jüngere Sohn vom ausbezahlten Erbe versprach, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil. Die Verschleuderung fremden Geldes führt ihn in die Verelendung und Verarmung, so dass er gezwungen ist, sich einem Arbeitgeber "aufzudrängen" und sogar den verachteten Beruf des Schweinehirten anzunehmen.

-Schweine hüten: Ein jüdischer Spruch lautet: "Verflucht sei der Mann, der Schweine züchtet". Denn er muss sich mit unreinen Tieren abgeben (vgl. Lev 11,7). Darüber hinaus könnte in der Berufsbezeichnung "Schweinehirt" eine verdeckte politische Anspielung auf das aus jüdischer Sicht "barbarische" (=fremdländische) Menschenbild der verhassten römischen Besatzer stecken - denn das Schwein ist deren Wappentier - ein Tier, das in Israel als unrein gilt und dessen Fleisch nicht verzehrt werden darf. Daher könnte das "Hüten der Schweine" darauf hindeuten, dass der verlorene Sohn in der Fremde sich wie ein römischer Sklave vorkommt, dessen Arbeitskraft bis zum letzten Atem ausgebeutet wird.

- "Wie viele Tagelöhner meines Vaters": Gerade zur Zeit Jesu gab es viele Tagelöhner, die aber in Israel einen starken Schutz genossen: Der Arbeitgeber musste für ihre Ernährung während der Arbeitszeit sorgen und ihnen täglich den Lohn ausbezahlen. Vgl. dazu Dtn 24,15. Dieser Lohn war einklagbar, wenn der Arbeitgeber ihn am Abend nicht auszahlte. Außerdem wurde ein Mindestlohn festgelegt - ein Denar pro Tag. Auch damals hing Armut mit Arbeitslosigkeit eng zusammen, so dass in Israel im Unterschied zur Fremde die Armen sozial abgesichert waren. Die jüdische Gemeinde sorgte für ihren täglichen Lebensunterhalt sowie für ausreichende Bekleidung und ein sicheres Obdach. Darüber hinaus galten bestimmte Lebensnotwendigkeiten als unpfändbar - z.B. der Mantel als Decke für die Nacht.

- "Der Vater lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn": Das Verhalten des Vaters, der dem verlorenen Sohn entgegeneilt, war ungewöhnlich und galt eher als unangemessen und würdelos. Die Umarmung und der Kuss auf die Wange gelten dem Gleichgestellten und sind hier Zeichen für die Wiederannahme als Sohn. Das Überreichen eines Festgewandes und das Anstecken eines Siegelrings sind Zeichen der Befreiung von Schande und zugleich der Wiedereinsetzung in die Rechte eines Sohnes. Auch das Anziehen der Schuhe deutet Freiheit an, denn Schuhe trug damals nur der freie Mann.

-"Der ältere Sohn wurde zornig und wollte nicht (zum Fest) hineingehen":
Das Verhalten des älteren Sohnes, dessen Erbteil und Arbeitskraft auf dem Gutshof des Vaters bleiben, deutet darauf hin, dass auch er den Wert der eigenen Arbeit nicht zu erkennen scheint. Vielleicht hat er sein Handeln als bloße Pflicht gesehen und sich nicht als der Beschenkte gefühlt. Das Gleichnis lässt es offen, ob dieser ältere Sohn sein Leben und seine Arbeit als sinnvoll sieht. Es wird uns ja zum Schluss nicht erzählt, ob er ins Haus hineingeht und am Fest teilnimmt.

- Lebenswichtige Aussagen des Gleichnisses:

· Den wahren Wert der Arbeit für den eigenen Lebensunterhalt erkennen.
· Das Leben auf Kosten anderer kann nicht glücklich machen.
· Das Entscheidende und Beglückende im Leben können wir weder erarbeiten oder leisten noch kaufen oder verdienen.


Fragen zum Gespräch:
  • In welchem der beiden Söhne des Gleichnisses kann ich gewisse Züge meines eigenen Verhaltens bzw. Handelns erkennen?

  • Wo gibt es bei mir, bei uns Ansätze eines "Lebens auf Kosten anderer"?

  • In welcher Weise leben wir als reiches Industrieland auf Kosten anderer Länder? Welche konkreten Beispiele fallen uns da ein?

  • Durch welche sozial- bzw. gesellschaftspolitische Aktionen können wir als KAB-Gruppe diesem kollektiven eigennützigen, "ausbeuterischen" Verhalten unseres Landes entgegenwirken? Wie können wir da die Politik konkret beeinflussen?
  • "Im Verhalten dieses Vaters erläutert Jesus sein eigenes Verhalten. Auch er geht "voller Erbarmen" auf die Zöllner und Sünder, die Dirnen und Unreinen zu und setzt sich mit ihnen an einen Tisch. In seinem Tun wird offenbar, wer Gott ist. In seinem Tun geht die Sonne des Vaters auf über Guten und Bösen. Da bricht mitten in unsere Welt etwas Neues ein. Ja, der Gott, der hier zur Welt kommt, ist in der Tat ganz anders als alle Welt. Er kommt entgegen, wo andere sitzen blieben. Er schenkt den Freiraum neuer Anerkennung, wo andere verurteilen. Er freut sich einfach über die Heimkehr des Verlorenen, wo andere rechnen und sich besser dünken."
    Altbischof Franz Kamphaus, Limburg (aus: Franz Kamphaus: Lichtblicke - Herder Verlag, S. 85)

  • Ein Mann hatte zwei Söhne
    1. Ein Mann hatte zwei Söhne. Zwei Menschen, in denen sein Name weiterlebte und auf die er stolz sein konnte: Einer von ihnen würde in seine Fußstapfen treten, seinen Acker bestellen, sein Vieh weiden und alle seine Mühe nicht umsonst sein lassen. Ein Mann hatte zwei Söhne arbeitsam und hoffnungsvoll, bis der Jüngste sagte: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Gib es mir jetzt! Du sollst deinen Vater ehren, heißt es, du kannst ihn doch nicht schon bei Lebzeiten beerben, weißt du nicht, was du deinem Vater verdankst, was glaubst du, wer du bist? Du hast noch nicht gearbeitet wie ich, gelitten wie ich, was ich aufgebaut habe, willst du jetzt schon vergeuden, undankbar wie du bist? Das hat der Vater nicht gesagt. Sondern er hat sein Vermögen ausgeteilt an den Sohn. .

    2. Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere nahm das Geld und zog in die Welt. Er genoss, was sich der Vater um seiner Kinder willen versagt hatte. Er genoss, bis alles Geld verbraucht war. Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere hungerte, er saß bei den Schweinen, die er hüten sollte. Er stritt mit ihnen ums Futter. Bei meinem Vater ist es mir besser gegangen. Er hat meistens nachgegeben, er wird mir schon Geld geben, er ist ja mein Vater und ich bin sein Sohn, ich habe einen Anspruch und mein Vater will sich mit seinem heruntergekommenen Sohn bestimmt nicht blamieren. Er wird mir geben müssen, was einem Sohn seines Ranges gebührt. Das hat der Sohn nicht gedacht. Sondern er wollte nicht mehr, als ihm zukäme: Knecht sein und Schweine hüten, aber im Haus seines Vaters, wenigstens im Haus seines Vaters.

    3. Ein Mann hatte zwei Söhne. Als der jüngere zurückkehrte, sah in der Vater von ferne. Jetzt geht es ihm schlecht. Abgerissen und zerlumpt kommt er daher. Jetzt bin ich ihm wieder gut genug. Wenn er da draußen wenigstens etwas geleistet hätte, sein Geld vermehrt, sein Ansehen gehoben, eine Familie gegründet, meinen Namen fortgesetzt. Jetzt, da es ihm schlecht geht, hofft er auf meine Schwäche. Er ist zwar mein Sohn, aber ich kann nicht übersehen, was inzwischen geschehen ist. Er soll als Knecht bei mir arbeiten, für jedes verlorene Jahr die doppelte Arbeit tun. Das ist gerecht - auch seinem älteren Bruder gegenüber, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen. So hat der Vater nicht gedacht. Sondern er sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zeiht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her und schlachtet es. Wir wollen ein Festmahl feiern. Mein Sohn war tot und lebt wieder. Er war verloren und ist wieder gefunden.

    Susanne Heine
aus www.predigtforum.at
August 2010 Juli 2010
Lebendiges Evangelium Druckversion März 2010
Lebendiges Evangelium - Februar 2010
1. Fastensonntag, Lesejahr C, Lukas 4,1-13
Andreas Ginzel, Militärpfarrer
Mazar-e-Sharif, AFG Diözesanpräses Magdeburg
Der Schrifttext:

4:1 Erfüllt vom Heiligen Geist, verließ Jesus die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher,

4:2 und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger.

4:3 Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.

4:4 Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot.

4:5 Da führte ihn der Teufel (auf einen Berg) hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde.

4:6 Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will.

4:7 Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.

4:8 Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.

4:9 Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab;

4:10 denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten;

4:11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.

4:12 Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.

4:13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.

Zugänge zum Text:

Der Abschnitt schließt inhaltlich an die Taufe Jesu im Jordan an. (Erfüllt vom Heiligen Geist verließ er die Jordangegend.)

Die 40 Tage in der Wüste korrespondieren mit der 40 jährigen Wüstenwanderung des Volkes Israel. Menschwerdung Gottes heißt also u.a. Jesus - der Sohn Gottes - teilt das Schicksal seines Volkes und damit jedes einzelnen Menschen.

Das Bild der Wüste bedeutet dabei nicht einfach nur die Mühseligkeit des Alltags sondern ist der Raum, in dem ich mir selbst begegne - mit allem, was in mir steckt.

Brot, Macht und Geborgenheit sind Grundbedürfnisse auf der existentiellen, der sozialen und auch auf der religiösen Ebene des Menschseins. Jesus wird den Jüngern später sagen: "Euer Vater weiß, dass ihr das braucht. Euch jedoch muss es um sein Reich gehen; dann wird euch das andere dazugegeben." (Lk 12,30f)

Im Mittelalter ist der Teufel der "Affe Gottes", der versucht, Gott (in seiner Fürsorge) zu kopieren und den Menschen von ihm zu entfremden.

Die Versuchungssituation stellt Jesus auch Adam und Eva gegenüber. Christus, der neue Adam, hält jedoch Stand und kündigt so bereits den Sieg seiner Passion an.

Fragen und Impulse:

"Erfüllt vom Heiligen Geist"
Leben wir im Bewusstsein von Taufe und Firmung?
Fragen wir nach der Führung des Geistes?

"Vierzig Tage in die Wüste"
Halte ich es mit mir selber aus?
Wo erlebe ich Wüstensituationen?
Nehmen wir die 40-tägige Fastenzeit als eine besondere Zeit wahr?

"Vom Teufel in Versuchung geführt"

Was sind meine/unsere Versuchungen?
Sünde ist mitunter die Übertreibung unserer (an sich guten) Anlagen.
Wo übertreiben, verengen und vereinseitigen wir unsere Bedürfnisse,
Aufgaben und Talente?

Text:

Warum also sollte ich mir Sorgen machen?
Es ist nicht meine Angelegenheit,
an mich zu denken.
Meine Angelegenheit ist es,
an Gott zu denken.
Es ist Gottes Sache,
an mich zu denken.

Simone Weil
Lebendiges Evangelium Druckversion Februar 2010
Lebendiges Evangelium - Januar 2010
4. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C, Lukas 4, 21 - 30
Peter Hartlaub
Diözesanpräses Würzburg
Der Schrifttext:

21 Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.

22 Seine Rede fand bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?

23 Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat!

24 Und er setzte hinzu: Amen, das sage ich euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.

25 Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam.

26 Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon.

27 Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman.

28 Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut.

29 Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.

30 Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.

Zugänge zum Text:

Lukas spiegelt in seinem Text zentrale Probleme für die ersten christlichen Gemeinden.

Es geht einerseits um das eigene Verhältnis zum Judentum, aus dem das Christentum hervor gegangen ist. In der Ablehnung Jesu in seiner Heimat spiegelt sich das spannungsvolle Verhältnis zwischen den Anhängern des "neuen Weges", den Christen also und den Juden, die an der Religion der Väter und Mütter fest hielten.

Es geht aber auch um die Frage, wie offen die christliche Kirche selber für Menschen anderer Religionen ist. Bleibt sie eine eingeschworene Gemeinschaft der Frommen oder ist sie bereit, sich Suchenden aus allen Religionen zu öffnen?

Beide Fragen sind auch heute noch brennend aktuell.

Wie gehen wir mit unseren jüdischen Schwestern und Brüdern, die ja eigentlich sogar unsere Väter und Mütter im Glauben sind, um? Stellen wir uns Antisemitismus und Antijudaismus, auch in der eigenen Tradition, energisch entgegen?

Wie offen sind wir in der Kirche von heute für die Menschen um uns herum? Gehen wir auf sie zu oder kapseln wir uns ab im falschen Bewusstsein, der Heilige Rest zu sein, der sich selber genug ist?

Fragen und Impulse:

"Heute hat sich das Schriftwort erfüllt."

Wo erkenne ich in meiner Umgebung, dass sich die Verheißung vom Reich Gottes erfüllt?

Wo sehen wir Schritte in Richtung auf mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit?

Nehme ich positive Entwicklungen in unserer Welt bewusst wahr oder lasse ich mich von den vielen schlechten Nachrichten entmutigen?

Wie können wir die Kraft, die in guten Nachrichten steckt, nutzen, um uns zu stärken und zu ermutigen?

"Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt."


Wo erlebe ich, dass meine Meinung nicht wahrgenommen und wertgeschätzt wird?

Wie gehen wir in unseren Gemeinschaften um mit Menschen, die eine andere Meinung vertreten?

"Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman."


"Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet."
aus Nostra Aetate, Erklärung des II. Vatikanischen Konzils über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen.

Was bedeutet diese Sichtweise des Konzils für unseren Umgang mit Andersgläubigen?

Sind wir als KAB bereit, auch auf Menschen zuzugehen, die nicht schon zur Kirche gehören?

"Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut."

Bieten wir Christinnen und Christen den Menschen noch Grund, über uns wütend zu werden und an uns Anstoß zu nehmen? Oder werden wir nicht mehr wahrgenommen?

Traue ich mich, öffentlich zu vertreten, was mir wichtig ist und was ich als richtig erkannt habe, auch wenn dadurch Konflikte entstehen?

Text - Gebet:

Die Völker sollen dir danken (nach Psalm 67)
Gott sei uns gnädig und erfülle uns mit seiner Hoffnung.
sein Wille soll durchsichtig sein für alle,
so dass auf Erden jeder seinen Weg erkenne,
allen Völkern zum Heil!

Die Völker sollen dir danken, o Gott,
dir sollen sie ihre Gedanken widmen.
Die Nationen sollen aufatmen und jubeln!
Denn du weist jeder ihren besondren Platz zu.
Dein Gesetzbuch ist übersetzt in alle Sprachen
und nach ihm richten sich alle Menschen.
So regierst du nach dem Wahlspruch:
Gleiches Recht für alle!

Die Völker sollen dir danken, o Gott,
dir sollen sie ihre Gedanken widmen.

Die Länder verteilen ihre Güter untereinander
und alle Menschen haben genug zu essen.

Die Regierungen leiten die Menschen ohne Eigennutz,
sie regieren so, dass ein Mensch dem anderen kein Haar krümmt.

Vertrauen und Güte sollen uns alle behüten.
So wollen wir allezeit an dir, o Gott, festhalten
und Tag und Nacht für ein menschliches Volk
unsere Kräfte einsetzen.

Uwe Seidel aus: Psalmen der Hoffnung
Lebendiges Evangelium Druckversion Januar 2010
Dezember 2010